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Allgemein

KI und ich. Zeit für etwas Paartherapie.

Manchmal komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Manchmal macht KI mir Angst. Manchmal möchte ich in die Tischkante beißen, weil die Maschine so dumm ist. Mitunter wird sogar mein Tonfall gegenüber jedem Chatbot rauer, weil mich das Unverständnis der Maschine so wütend macht.

So wie heute Morgen:

Ich an ChatGPT: „Kannst du diese Webseite durchlesen und Rechtschreibfehler erkennen?“

ChatGPT: „Klar.“

Ich: „Die korrigierten Wörter kommen auf der Seite gar nicht vor. Hast du die Webseite überhaupt gelesen?“

ChatGPT: „Nein.“

Unser Beziehungsstatus: Kompliziert.
Trennung steht außer Frage.
Was nun?

Der erste Schritt, jede Beziehung zu verbessern, ist die radikale Selbstbeobachtung: Was macht die Maschine eigentlich gerade mit mir? Positiv und negativ. Wie verändert KI meine Storytelling-Beratung, die von der Visionsentwicklung über die Strategiekommunikation bis zu Positionierung und Kampagne reicht?

➡️ Es erleichtert:
Entwürfe erstellen. Übersetzungen. Korrekturlesen. Recherchen. Text-Tonalitäten durchspielen. Zusammenfassungen langer Dokumente. Skizzieren von Bildwelten. Meeting-Notizen. Auslesen von handschriftlichen Dokumenten.

➡️ Es erschwert:
die klare und kritische Beurteilung der inhaltlichen Qualität. Weil jedes Ergebnis augenscheinlich erstmal plausibel klingt und fertig aussieht, braucht es doppelt so viel Zeit und Sprachgefühl, um es zu bewerten.

➡️ Es spart:
Zeit und „Schreib-Blockaden“.

➡️ Es kostet:
schnell steigende Abo-Gebühren. Richtig viel Energie. Schreibmuskeln. So wie mich Google Maps Orientierungsmuskeln gekostet hat.

➡️ Es entwertet:
Die Glaubwürdigkeit der Bilder. Jede Form des schriftlichen Ergebnisses, weil immer implizit im Raum steht, eine KI könnte das produziert haben. Die Erfahrungen, die Nuancen und das Feingefühl der kreativen Arbeit. Die Kunst der genauen Beschreibung, einen Ton zu treffen, eine Stimmung zu erzeugen, eine neue Sichtweise zu teilen.

➡️ Es wertet auf:
Das Einfühlen und Spüren von kulturellen Kontexten. Die Lebens- und Projekterfahrung. Die echte Interaktion zwischen Menschen. Zuhören. Neugier. Erleben im Hier und Jetzt.

➡️ Es entlarvt:
Den Bullshit-Content, den wir nur produzieren, um gesehen zu werden und Algorithmen zu bedienen. Das, was KI jetzt schon genial kann, ist diesen Bullshit zu imitieren und Botshit daraus zu machen.

➡️ Es verdeckt:
Die Fehlbarkeit der Maschine hinter schnellen Antworten und Lobhudelei (Gute Idee, Spannender Gedanke). Die Qualität des Trainingsmaterials, teils geklaut und ideologisch unbalanciert. Den Weg zum Ergebnis. Das ökonomische Interesse, uns abhängig zu machen von der Maschine.

KI bleibt eine Wunschmaschine.
Wir bewerten die Maschine meist nach dem, was wir uns bewusst oder unterbewusst von ihr wünschen – und selten danach, was sie wirklich kann.

Christian_Riedel

Author Christian_Riedel

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