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Allgemein

Die Sichtbarkeitshierarchie: Ein einfaches Tool, um Markenwahrnehmung zu steuern

By 15. Dezember 2022No Comments

Wirksames Branding ist wie ein Puzzle, dessen Teile sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen.

Die richtigen Schwerpunkte zu setzen und gezielt die Geschichten zu erzählen, die die Markenwahrnehmung strategisch formen, gehört zu den zentralen Aufgaben jedes Marketing-Teams. Bei jedem Schritt müssen sie sorgfältig abwägen, was die Markenwahrnehmung wirklich prägt. Gleichzeitig gilt es Inhalte und Botschaften zu vermeiden, die die Marke schwächen könnten. Im besten Fall gelingt es, die Wahrnehmung potenzieller Käufer:innen nur auf die inhaltlichen Aspekte zu lenken, die den Kern des Unternehmens ausmachen.

Dabei ist die richtige Mischung aus all den inhaltlichen Elementen entscheidend, die ein starkes Markenimage erzeugen. Marketing-Teams jonglieren mit Produkten, Leistungsversprechen, Geschichten, Bildern, Claims etc.. Immer steht die Gefahr im Raum potentielle Käufer:innen mit zu vielen Botschaften zu verwirren. Die inhaltliche Klarheit und Ausrichtung entscheidet letztlich über den Erfolg. Spätestens wenn ein Team sie verloren hat, ist es Zeit für einen Storytelling- und Strategie-Workshop.

Wenn Positionierungskreuz und Markenmodell nicht weiterhelfen

Das klassische Goto-Tool für strategische Ausrichtungsfragen ist in der Praxis meist ein Positionierungskreuz: Der Markt wird entlang von zuvor gesetzten Kriterien aufgeteilt und die eigene Position im Verhältnis zum Wettbewerb definiert. So fällt es leichter den Markt und die eigene Position darin zu verstehen.

Aber leider sagt ein Positionierungskreuz meist nichts darüber aus, wie die Marke inhaltlich strukturiert werden muss, um diese Positionierung in der Wahrnehmung potentieller Käufer:innen zu verankern. Das Tool schafft zwar Klarheit über die grundsätzliche Ausrichtung, nicht aber über die Schritte, um diese umzusetzen.

Auch viele klassische Markenmodelle haben dieses Problem. Sie helfen dabei, die inhaltlichen Zutaten zu definieren, aus denen sich das Markenbild ergeben soll (z.B. Markenwerte, Reasons to believe etc.). Doch auch sie liefern keine eindeutige Rezeptur, wie diese Zutaten zu kombinieren sind, um das gewünschte Markenbild zu realisieren.

Das Workshop-Tool „Sichtbarkeitshierarchie“

Genau hier setzt das Workshop-Tool „Sichtbarkeitshierachie“ an.

Die Idee ist einfach: Die Wahrnehmung einer Marke lässt sich am leichtesten durch die Aspekte prägen, denen ein Unternehmen die höchste Sichtbarkeit verleiht. Menschen speichern die Dinge am leichtesten ab, die sie am häufigsten wahrnehmen. Die Hirnforschung beschreibt diesen Prozess mit der Daumenregel: Neurons that fire together, wire together

Die strategische Entscheidung darüber, welche Aspekte einer Marke auf der “Vorderbühne” stehen, ist daher der stärkste Hebel, um die Markenwahrnehmung zu steuern oder zu verändern.

Dabei gilt: Je klarer die Hierarchie dieser Aspekte ist, für die eine Marke gesehen werden will, desto leichter wird es, diese verständlich zu machen. Wir alle wissen, dass Tesla Autos baut, auch weil die Autos immer sichtbar auf der Vorderbühne stehen. Aspekte die auf der Hinterbühne stehen – wie Solardächer und Solarspeicher bei Tesla – sind nur Kennern bekannt.

(Stark vereinfachte Sichtbarkeitshierarchie von drei Marken. Die Aspekte, die am sichtbarsten sind, sind markenprägend)

So funktioniert das Tool

Das Workshop-Tool „Sichtbarkeitshierarchie“ hilft Teams dabei, die inhaltlichen Aspekte ihrer Marke entlang ihrer Sichtbarkeit zu ordnen und zu verstehen. Und das funktioniert so:

An einem Whiteboard zieht ihr zunächst eine Sichtbarkeitsachse ein (von sehr sichtbar (+) bis unsichtbar (-)) . Nun ordnet ihr die wichtigsten, markenprägenden Aspekte entlang dieser Achse an. Das können Leistungen, Botschaften, Produkte, Bilder oder Stories sein. Egal was es ist: Die Aspekte, die über längere Zeit hohe Sichtbarkeit bekommen, sind (bzw. werden) markenprägend.


Schon bei der ersten Anwendung fällt vielen Teams auf, dass sie mehrere Aspekte mit gleicher Sichtbarkeit kommunizieren wollen. Doch je mehr Karten nebeneinander stehen, desto höher ist die Gefahr das Publikum durch parallele Botschaften zu verwirren.

Spätestens dann ist es an der Zeit, die Rezeptur anzupassen: Durch das Verschieben von Aspekten auf der Sichtbarkeitsachse bekommt Ihr sofort ein Gefühl dafür, wie sich die Markenwahrnehmung durch eine andere inhaltliche Rezeptur verändert. Gleichzeitig scheint es Teams leichter zu fallen, über die Sichtbarkeit von Aspekten zu diskutieren, als deren vermeintliche Priorität oder Wichtigkeit zu bewerten. Schließlich gibt es viele Aspekte in einer Markenrezeptur, die zwar wichtig sind, aber nicht auf die Vorderbühne gehören.

Durch die gemeinsame Visualisierung führt das Tool schnell zu mehr Klarheit und Alignment darüber, welche Aspekte die Markenwahrnehmung prägen bzw. künftig prägen sollen. Darüber hinaus hilft es Euch auch die folgenden Marketingfragen zu lösen.

Diese Fragen lassen sich damit lösen

  1. Die Positionierung formulieren
    Immer wieder habe ich erlebt, dass es Teams schwerfällt, die eigene Positionierung in Worte zu fassen. Einen Text zu schreiben, zwingt immer dazu, eine lineare Kausalität zu erzeugen. Anders als bei einer Visualisierung ist es sprachlich nicht möglich, verschiedene Aspekte nebeneinander anzuordnen. Daher entsteht die Schwierigkeit beim Schreiben meist aus der Unklarheit über die Abfolge der Aspekte, die eine Positionierung ausmachen. Die Sichtbarkeitshierarchie hilft dabei, klar herauszuarbeiten, welche Aspekte zuerst genannt werden sollen.  Aus diesem Verständnis heraus lassen sich Positionierungen einfacher ausformulieren.
  2. Eine Re-Positionierung verstehen
    Die Re-Positionierung einer Marke ist stets mit einer Veränderung der inhaltlichen Rezeptur (aka der Brand-Story) verbunden. Das Tool hilft dabei, zu verstehen, was passiert, wenn ein neuer Markenaspekt auf die Vorderbühne rückt. Zugleich lässt sich entlang der Sichtbarkeitshierarchie relativ einfach der IST-Zustand mit dem SOLL-Zustand einer inhaltlichen Rezeptur vergleichen.
  3. Eine Markenerweiterung diskutieren
    Das Tool hilft auch dabei, Diskussionen über Markenerweiterungen sachlicher zu führen. Die häufig geäußerte Sorge, eine Erweiterung könne die Marke verwässern, lässt sich gut aus der Perspektive „Sichtbarkeit“ betrachten. Je höher die dauerhafte Sichtbarkeit einer Erweiterung ist, desto markenprägender wirkt sie.
  4. Fokussierung der Kommunikation
    Letztlich hilft das Tool auch, die eigene Kommunikation und Werbung zu analysieren und zu fokussieren. Welche Inhalte & Geschichten erhalten gerade eine hohe Sichtbarkeit? Welche Aspekte sind gerade unsichtbar? Schon über diese einfache Sortierung lässt sich betrachten, ob noch die richtigen Botschaften markenprägend wirken.

Positionierung & Re-Positionierung. Markenerweiterungen. Kommunikationsfokus. Die Ausarbeitung dieser Themen profitiert von der Sichtbarkeitshierarchie. Die einfache Strukturierung von Inhalten über die Sichtbarkeits-Achse hilft die Rezeptur einer Marke zu verstehen, zu diskutieren und strategisch zu steuern.

Im vergangenen Jahr habe ich dieses Tool immer wieder erfolgreich eingesetzt. Jetzt bin ich total gespannt, wie es für Euch funktioniert – und natürlich möchte ich Euch die Inspirationsquelle für dieses Tool nicht verschweigen. Die Grundidee Unternehmensaspekte über deren Sichtbarkeit zu sortieren, stammt ursprünglich vom Business-Strategen Simon Wardley. Er nutzt ein ähnliches Vorgehen, um die Value-Chain eines Unternehmens abzubilden. Überhaupt ist sein Ansatz an Unternehmensstrategie, das Wardley-Mapping, eine echte Leseempfehlung für die Weihnachtsferien.

Menüs enden. Abenteuer beginnen.