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Allgemein

Top-Down vs. Bottom-up Markenentwicklung: Warum es wichtig ist den Unterschied zu kennen

Jedes Unternehmen wünscht sich eine starke Marke, die in Erinnerung bleibt. Marketingteams investieren viel Energie, Zeit und Geld, um ihren Brand-Purpose zu verstehen, um ein ansprechendes Brand-Design zu entwickeln und ihre Marke auf die Straße zu bekommen.

Aus der Praxis weiß ich allerdings auch, wie schnell sich ein Team bei der Markenentwicklung verheddern kann. Wenn ihr Euch seit Wochen am Purpose-Statement oder seit sechs Monaten am Markenkonzept feilt und nicht weiterkommt, kann es sein, dass euer Arbeitsmodus nicht zum Unternehmen passt.

Es gibt nämlich zwei unterschiedliche Arbeitsmodi, um ein neues Markenkonzept zu entwickeln – oder eine vorhandene Marke inhaltlich und visuell zu überarbeiten: Den umfassenden und daher langsamen Top-Down-Ansatz und den schnellen, iterativen Bottom-up Ansatz. In diesem Blogpost zeige ich Dir die Vorteile beider Ansätze und beschreibe die Bedingungen in denen sie am besten funktionieren. Starten wir mit dem Top-Down Ansatz.

Der Top-Down-Ansatz der Markenentwicklung

Beim Top-Down Ansatz wird eine Marke zunächst in allen Facetten strategisch und konzeptionell durchdacht, dann visuell gestaltet und abschließend konsistent auf alle Touchpoints ausgerollt.

Ziel dieses Ansatzes ist es, von Beginn an sicherzustellen, dass die Marke in allen Aspekten bei Kunden und Mitarbeitern auf größtmögliche positive Resonanz stößt und der Markenauftritt für mehrere Jahre trägt. Das erfordert eine umfangreiche Marktforschung- und strategische Planung sowie eine enge Abstimmung zwischen allen beteiligten Experten.

Grundsätzlich kann man sich diesen Arbeitsmodus wie einen mehrstufigen Wasserfall vorstellen. Bei der Markenentwicklung durchläuft das Team im Kern die Arbeitsphasen Marktforschung, Strategie, Kreation und Roll-out. Erst wenn die aktuelle Stufe abgeschlossen ist, geht der Prozess weiter.

Top-Down Brand Development: Der klassische Ablauf der Markenentwicklung

Exakt an diesem Punkt bricht der Top-Down-Prozess oft in der Realität: Wenn ein Team auf einer Prozess-Stufe nicht zu einem klaren Ergebnis kommt – sich zum Beispiel nicht auf einen Claim einigen kann – bleibt der Prozess stecken. Gerade Start-ups oder Scale-ups laufen in diese Falle, wenn sie Inhalte, Botschaften oder Marken-Assets langfristig definieren wollen, für die es weder Erfahrungswerte oder Datenpunkte gibt. Dann prallen lediglich Meinungen aufeinander und die Entwicklung stockt.

Noch riskanter ist es für Start-ups oder Scale-ups ihre Marken in einem langen und teuren Top-Down Prozess am Markt oder den eigenen Kapazitäten vorbei zu entwickeln. Mehr als einmal habe ich erlebt, dass ein Start-up ein teures Markenkonzept bereits nach wenigen Wochen adaptieren musste, weil es nicht zu realen Erfahrungen am Markt gepasst hat. Ebenso sehe ich immer wieder, wie Marketing-Teams verzweifelt vor dem teuer entwickelten Brand-Book sitzen und sich fragen, wie sie diese ausgefeilte Marke mit ihren Kapazitäten und ihren Budgets zum Leben erwecken sollen.

Bedingungen für einen erfolgreichen Top-Down Prozess

Ein Top-Down Markenprozess eignet sich daher besonders für Unternehmen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Produkt und Geschäftsmodell sind klar definiert.
  • Die Zielgruppen und Märkte sind bekannt und verstanden
  • Es gibt keine Unklarheiten in der Wachstumsstrategie für die nächsten 1-3 Jahre
  • Die nötigen Ressourcen mit dem erforderlichen Fachwissen sind verfügbar
  • Man kann sich die Zeit nehmen, um alle Details im Vorfeld auszuarbeiten und intern abzustimmen.
  • Es ist ausreichendes Budget vorhanden (idr. ab 50k Euro aufwärts)
  • Marke ist bereits sehr bekannt und etabliert (z.B. bei einem Facelift oder Marken-Relaunch)
  • Eine lang-laufende, massenmediale Kampagne ist geplant (z.b. TV)
  • Ein großes Team und viele, externe Partner müssen später mit diesem Markenkonzept arbeiten

Für einen FMCG-Konzern, der eine weitere Tütensuppen-Marke auf den Markt bringt, ist der Top-Down Modus ideal. Hier sind die Konsumenten und das Business bekannt. Zudem haben sie das Budget, die Zeit und die Kapazitäten, um ein umfassendes Markenkonzept zu entwickeln. Hier ist der Top-Down Modus ein Element der „Risiko-Minimierung“ (obgleich auch von langer Hand geplante Markenentwicklungen scheitern können).

Das Tech-Start-up mit dem revolutionären, ungesehenen Produkt, das sich mit kleinem Team und überschaubarem Budget in einem unbekannten Markt beweisen will, sollte einem Top-Down-Prozess hingegen skeptisch begegnen. Gut, dass es eine Alternative gibt.

Der Bottom-up Modus in der Markenentwicklung

Wer in unbekanntem Terrain schnell vorankommen muss, für den wird der Top-Dow Modus eher zum Risiko. Bevor Du also die teure Brand-Agentur buchst und in einen mehrmonatigen Prozess abtauchst, macht es Sinn, eine Runde über den Bottom-up-Arbeitsmodus zu drehen.

Bei diesem Ansatz konzentriert sich ein Marketing-Team nur darauf, die Markenelemente zu bestimmen, die für den nächsten Wachstumsschritt des Unternehmens wirklich benötigt werden. Im Vordergrund dieses Arbeitsmodus stehen Pragmatismus, Geschwindigkeit und Lernbereitschaft – und nicht die Suche nach einem umfassenden, unumstößlichen Marken-Konzept.

Bei einer Bottom-up Markenentwicklung verständigt sich das Team möglichst schnell auf drei Kern-Themen, um dann schnellstmöglich in die Umsetzung zu starten. Diese Kernthemen sind:

  • ein gleiches Verständnis der Wachstumsstrategie für die kommenden 3-18 Monate und der vorhandenen Ressourcen,
  • ein gemeinsames Verständnis der Story, die man am Markt
  • eine Liste der Inhalte und visuellen Assets, die es minimal braucht, um die Marke auf die Straße zu bringen.

Ein Food-Start-up konzentriert sich z.B. eher auf die Markenelemente, die für die Verpackung nötig sind. Ein Tech-Start-up auf einen professionellen Webauftritt. Produziert werden Inhalte und alle visuellen Elemente immer in dem Wissen, dass sie durch neue Erfahrungen vielleicht schon in wenigen Monaten überarbeitet werden müssen. Sollte sich z.b. eine Schriftart in der Praxis nicht beweisen, wird sie einfach ausgetauscht.

Ebenso kann ein Team entscheiden, einzelne Marken-Assets (wie z.b. einen Claim oder ein Jingle) einfach wegzulassen, wenn dieses Asset gerade nicht gebraucht oder die Entwicklung zu lange dauert.

Bottom-up Brand Development: Nur definieren was nötig ist, weitergehen, lernen, anpassen.

Der Bottom-up-Ansatz akzeptiert, dass ein Unternehmen in frühen Phasen noch nicht genau wissen kann, was für die nächsten Jahre funktionieren wird. Das Ziel dieses Prozesses ist nicht Perfektion und Langlebigkeit, sondern möglichst schnell am Markt zu sein und Erfahrungen zu sammeln. Geht die Strategie auf? Kommt die Story am Markt an? Entwickeln wir eine eigenständige Identität?

Wenn ja: weitermachen. Wenn nein, müssen Elemente der Marke eben überarbeitet werden. Das macht diese Arbeitsweise agiler und erlaubt es, schneller auf neues Wissen und veränderte Marktsituationen zu reagieren.

Bedingungen für einen erfolgreichen Bottom-up Prozess

Der Bottom-up Ansatz ist besonders geeignet, wenn diese Bedingungen gelten:

  • Produkt und Geschäftsmodell befinden sich noch in der Entwicklung
  • Zielgruppe, Markt und Buying-Journey sind noch nicht vollständig verstanden
  • Es gibt noch Unsicherheiten in der Wachstumsstrategie
  • Die finanziellen Ressourcen und Umsetzungskapazitäten sind begrenzt
  • Geschwindigkeit bzw. Time-to-market ist entscheidend

Nur wer beide Modi kennt, kann seine Arbeitsweise anpassen

Welcher Ansatz sich für Dein Unternehmen oder Deine Marke am Besten eignet, hängt von hier beschriebenen Bedingungen und gesetzten Zielen ab. Und mit jeder Überarbeitung des eigenen Markenauftritts stellt, sich die Frage nach dem Arbeitsmodus erneut. Es macht also viel Sinn ich vor jeder Markenentwicklung zu fragen, unter welchen Bedingungen der Prozess stattfindet und danach den Arbeitsmodus zu wählen. Denn nur dann kommt man dem eigentlichen Ziel effektiv näher: Eine starke Marke aufzubauen.

Bei AirBnB habe ich zum Beispiel den Eindruck, dass von 2007-2014 eher Bottom-up vorgegangen wurde. Erst 2014 kam das große Top-Down-Markenkonzept, das bis heute trägt.

Unwahrscheinlich, dass es mit dem Wissen und dem Budget von 2007 hätte entwickelt werden können.

 

 

 

 

 

 

Photo by Brands&People on Unsplash

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