Bereits vor einigen Monaten fragte mich einer meiner Kunden, ob ich ihm helfen könne, die Storytelling-Ideen zu bewerteten, die ihm eine Agentur präsentiert hatte. Er habe zwar ein Bauchgefühl den Ideen gegenüber. Doch er wünschte sich ein Raster, um die Ideen strukturiert und fair betrachten zu können.
Wonach sollte er als Entscheider das Potential einer Geschichte evaluieren?
Ich denke die Bewertung einer Story erfolgt immer zuerst aus dem Bauch. Von frühester Kindheit wachsen wir mit Geschichten auf. Jeden Tag lesen, sehen und hören wir Geschichten und bewerten ihre Relevanz und Spannung automatisch. Im Facebook-Stream, in Blogs, im Kino, im TV…. Deshalb haben wir auch meist ein klares Gefühl, ob uns eine Geschichte emotional begeistert oder kalt lässt.
Doch was tun, wenn das Bauchgefühl nicht eindeutig ist? Wenn das Gefühl bleibt, dass in der Geschichte etwas steckt, es aber nicht klar ist was. Was tun, wenn die Grundidee einen bewegt, nicht aber die Umsetzung. In diesen Fällen lohnt es sich eine Ebene tiefer zu gehen und auf die Erzählstruktur der Geschichte zu schauen.
Bauchgefühl und Erzählstruktur. Diese beiden zwei Blickrichtungen zieht auch Randy Olson in seinem Buch „Connection – Hollywood Storytelling meets critical thinking“ als vertikalen und horizontalen Bewertungsmaßstab für Geschichten heran.
We want your story to be tight and concise – made up of the bare minimum of parts – where nothing is wasted. This refers to the horizontal axis of telling a story over time. And we want it to be alive, human, vibrant, and able to reach into the souls of other humans – coming down from your head, into the heart and gut – thus the vertical axis.
Die erste Frage lautet also: Berührt mich die Geschichte?
Die zweite: Auf welcher emotionalen Ebene?
Erst dann richtet sich der Blick auf die Erzählstruktur. Und um diese einigermaßen einheitlich und fair zu bewerten, habe ich dieses damals Raster vorgeschlagen:
Es basiert auf den Grund-Kriterien, die auch genutzt werden, um Drehbücher zu bewerten. Ich nenne sie gerne die emotionalen Anker. An ihnen hält sich das Publikum fest. An ihnen bemisst es die Relevanz der Geschichte. Und aus meiner Erfahrung funktionieren diese Anker auch für alle Kommunikationskonzepte, die eine Geschichte über zwei Minuten hinaus erzählen wollen.
Allerdings funktionieren die Kriterien wie ein Negativ-Test: Wenn es **nicht** gelingt, möglichst viele Felder für die Geschichte auszufüllen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Story langweilig wird. Umgekehrt ist ein voll ausgefüllter Bogen leider kein Erfolgsgarant.
Das Feedback auf das Raster war positiv. Es hat geholfen strukturiert die Ideen zu betrachten, zu besprechen und zu verbessern. Und jetzt da ich, das Raster auf meinem Rechner wiedergefunden und ins Netz hochgeladen habe, würde mich interessieren: Funktionieren diese Kriterien für euch?
Fehlen euch Bewertungskriterien?
Und wer tiefer einsteigen will, dem empfehle ich zwei Bücher, die sich mit der Bewertung von Drehbüchern beschäftigen:
1. ‚Der Publikumsvertrag ‚ von Roland Zag.
2. ‚How to evaluate Stories‘ von Laurie H. Hutzler.